ausgewählte Predigten

 

                                                                                             von

 

                                                                                            Rudolf  Lughofer

 

 

 

 

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Gottesdienst »Reich Gottes«, Lukas 4,14-21

Vorspiel

Lied: Du meine Seele singe     302,1+6-8
Gruß: Einen Satz aus dem Vaterunser voranstellen: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden.“ Himmel und Erde werden unter Gottes Willen verbunden. Was heißt das, wenn wir darum beten, was verändert sich, was bedeutet das heute für uns? – Herzliche begrüßen … Wir feiern … (gesungen) Amen

Psalm47Pfarrer-Gemeinde, Nr.: 726 (gesungen:Ehr sei dem Vater ...)

Gebet: Unser Gott, wir dürfen uns von dem Schwung dieser Verse mitnehmen lassen. Mitten in der weltweiten Finanz- und Schuldenkrise, mitten in Aufbruch und in brutaler Macht, die anderen den Lebensraum nimmt, mitten auch in unserem Leben – du bist der Herr der Völker, du stehst über den Starken auf Erden, du schließt uns über alle Grenzen zusammen. Unser Gott, lass uns aufstehen, den Kopf heben, lass uns mitten in unserer Welt von Frieden reden, von Gerechtigkeit, von deiner Liebe gegenüber den Menschen am Rand, von deiner Liebe gegenüber uns. Lass uns einstimmen in dein Ja: Schlagt froh in die Hände, alle Völker

Stilles Gebet

Lesung: Lk 17,20-21

Lied: Suchet zuerst Gottes Reich in dieser Welt  182,1-5

Predigt: Lukas 4,14-21 

Lied: Wenn das Brot, das wir teilen – Neue Lieder 86,1-5

Gebet: Unser Gott, wir danken für Nähe, für Verständnis, für selbstverständliche Fürsorge, die wir und die andere erleben. Wir danken für Frieden und Geborgenheit in unserem Land. Hilf uns, das von uns Freude ausgeht, Ermutigung. Hilf uns zu einem guten Miteinander in unseren Familien, in der Nachbarschaft, in unserer Welt beizutragen.

Wir bitten, dass wir mit den Herausforderungen und Lasten in unserem Leben zurechtkommen. Wir bitten für die Menschen, die mit sich selbst und mit anderen Schwierigkeiten haben. Wir bitten für alle, die bei uns und weltweit Verantwortung für eine gute Zukunft tragen. Unser Gott, segne uns und lass uns ein Segen sein.

Vaterunser  

Lied: Nun jauchzt dem Herrn, alle Welt   288,1+5,5+6

Abkündigungen

Lied: Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn     658,1

Segen – Orgelnachspiel

 

 

Predigt: Reich Gottes, Luk 4,14-24 

Liebe Gemeinde, wir hatten einen wunderschönen Spätsommer.Auf einer Radtour neulich durch Wiesen, Wald und an Dörfer vorbei – da war einfach das Gefühl: „Die Welt ist schön!“, die Empfindung: „Ich bin hier Zuhause; es geht mir gut!“ – Nun ist Herbst geworden. Aber ich bringe diese Freude mit und möchte sie mit Ihnen teilen. Ist da nicht Gott ganz nahe? „Lobe den Herrn meine Seele!“

Dieses tiefe Ja schließt uns nicht ab, sondern öffnet uns für uns selbst, für die Welt. Es öffnet uns, dass wir die Schönheit sehen, die Wärme und Liebe wahrnehmen, aus dem Herzen leben. Es öffnet uns auch dafür, uns der dunklen Seite zu stellen: Wie Angst vor einer Krankheit in einem frisst – das Gefühl einer tiefen Einsamkeit – den Konflikt in der Familie, der so ausweglos erscheint.

Es beunruhigt uns, dass wir heute spüren, wie wir nicht mehr ungestört auf einer Insel der Wohlhabenden sitzen. Wir merken, dass wir schon zu lange auf Kosten der Zukunft gelebt haben. Das Gefühl, keine klare Lösung zu haben, nicht weiter zu wissen, der Ausweglosigkeit – auch das gehört zu uns, zu unserer Welt.

Und in diese Welt, so erzählt die Bibel ist Gott gekommen. In diese Welt möchte er Liebe tragen: „Ihr sollt dieses tiefe Ja hören. Ihr sollt offen sein für Vertrauen und Nähe! Euer Leben darf erfüllt sein!“ Gott spricht uns an! „Ihr sollt zu euch selbst ja sagen, zu eurer Welt. Ihr sollt das Leben bewusst spüren und mit dem Ja, mit der Liebe dem Dunkel begegnen.

Diese Liebe Gottes, das ist keine leere Formel; diese Liebe steckt doch in uns: Wenn Menschen heruntergemacht, ihr Leben zerstört wird – da schreit doch etwas in uns auf: „Das ist nicht in Ordnung, das soll nicht sein!“ In uns ist doch eine tiefe Ahnung davon, dass das Leben heil werden kann. In uns ist doch ein tiefes Vertrauen, dass an uns nicht ein unbarmherziger Maßstab gelegt wird, sondern dass wir auch mit unserem Versagen und unserer Schuld kommen können. In uns darf doch Liebe lebendig sein, das Vertrauen, das uns Wohlwollen umgibt und die Kraft, dass von uns Menschlichkeit, Freude, Trost ausgehen.

Auf dem Kirchentag Anfang Juni in Dresden, hatten wir Kontakt zu einer christlichen Initiative aus den Vereinigten Staaten. Sie kümmern sich dort um Leute, die keine Krankenversicherung haben. Sie engagieren sich für sozial und wirtschaftlich ausgeschlossene Gruppen in Südafrika. Und sie suchen weltweit in Kontakt zu anderen Menschen zu treten, um auch sie zu bewegen. In einer kleinen Schrift machen sie ihren Ansatz deutlich. Ihr Titel: »A New Way of Seeing«. „Ein neuer Weg zu sehen“.

Es geht darum, sagen sie, ganz hier mitten in unserer Welt zu leben. Aber wir sind nicht darin eingeschlossen, wir müssen nicht mithetzen, gegen Wände rennen. Wir können im Herzen einen Blick über unser eingefahrenes Leben hinaus tun in „die Welt, wie sie sein sollte“. Mit dem Herzen schon im in dem Reich Gottes leben – nicht in einem fernen Jenseits, sondern in Gottes Liebe, die hier und jetzt bereits beginnt, bereits da ist! 

Das Reich Gottes – Jesus, er hat immer wieder von dem Reich Gottes gesprochen. Dabei ist er von dem Denken seiner Zeit ausgegangen. Die einen haben auf das große Weltgericht gewartet und ihr Leben daraufhin ausgerichtet; sie wollten dafür gerüstet sein. Man dachte, das Reich Gottes sei eine Belohnung für ein Leben in Gerechtigkeit, für ein Leben nach den Geboten. Die anderen erwarteten, dass Gott das Reich Israel wieder herstellen würde. Und Jesus? Wenn wir genau hinschauen, sehen wir, wie Jesus die Akzente verschiebt. Das Lukasevangelium erzählt, wie Jesus in seiner Heimatstadt Nazareth predigt. Dabei legt Jesus einen Text aus dem dritten Teil des Jesajabuches aus. Ich lese diesen Abschnitt: Luk 4,14-21

Und Jesus kam in der Kraft des Geistes wieder nach Galiläa und die Kunde von ihm erscholl durch alle umliegenden Orte. Und er lehrte in ihren Synagogen und wurde von jedermann gepriesen. Und er kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und stand auf und wollte lesen. Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht (Jesaja 61,1-2):

»Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu predigen den Gefangenen, das sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen, zu verkünden das Gnadenjahr des Herrn.«

Und als er das Buch zutat, gab er's dem Diener und setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn. Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren.

„… verkündigen das Evangelium den Armen, den Gefangenen Hoffnung geben: Ihr sollt frei sein. Mancher war damals im Gefängnis, weil er seine Schulden nicht bezahlen konnte, oder – wie auch heute – weil er etwas Falsches gegenüber den Herrschenden gesagt hat. Die Blinden: Sie sollen sehen, etwas lernen, arbeiten, voll in das Leben integriert sein. Und die Zerschlagenen, dass die Last von ihnen fallen kann, sie aus der Falle, in die sie geraten sind herauskommen, dass sie wieder frei und ledig sind. Das Gnadenjahr des Herrn verkündigen: versklavte Menschen werden wieder frei, überschuldeten wird ein Weg gezeigt, herauszukommen.

Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren. Kranke werden geheilt, die Armen, die Verachteten, die Sünder – sie dürfen sich schon jetzt an den Tisch Jesu setzen. Jesus bezieht diese alten Verse auf sich. Das geschieht jetzt, mitten unter euch, hier indem ich rede und vergebe und heile. Das ist nicht ein Traum. Die Herrschaft Gottes, sein Reich, das will unter euch jetzt Form annehmen. Reich Gottes, das ist keine andere Welt, sondern das ist Bewegung. Reich Gottes geschieht, indem wir frei werden, aufstehen, einander die Hand geben.

Das Reich Gottes, auch wenn es diese Welt sprengt – es geht Jesus wie dem Propheten Jesaja um diese Welt – um diese Welt, wie unsere Welt gut werden kann. Es geht darum, dass Jesus hier unserer Welt gegenübertritt. Und wir sollen ihm darin nachfolgen.

„A new way of seeing – eine neue Art zu sehen: Da wird unser Gefühl, dass alles so ausweglos ist, durchkreuzt. Wir bekommen Abstand zu uns selbst, dazu, wie wir die Welt erleben. Und wir brauchen diesen Abstand. Wir brauchen ihn, um ehrlich hinschauen zu können, um in unserer Zeit neue, noch nicht betretene Wege zu finden, um heute eine Einstellung zu gewinnen, in der wir wieder Raum haben, in Liebe zu gestalten.

Das Neue Testament lädt uns ein, mit einem Bein schon in dem Reich Gottes zu stehen. Wir dürfen uns an den Tisch setzen, an den Jesus uns eingeladen hat. Wir dürfen kommen – als unvollkommene Menschen, als Menschen mit einem gelingenden Leben und als Menschen auf der Schattenseite. Wir sind eingeladen, zu feiern, uns von der tiefen Liebe Gottes, von dem Ja über uns und über unsere Welt ansprechen zu lassen.

Aber zugleich sollen wir mit dem anderen Bein ganz in unserer Welt stehen, so wie sie ist, in unserem nahen Umfeld und in der globalisierten Gemeinschaft. Was heißt das? – Wir sollen uns selbst begegnen, uns ehrlich anschauen. Sich auf sich selbst einlassen – es kann auch ein harter Prozess sein, dass wir uns selbst bejahen lernen. Wir sollen Verantwortung übernehmen. Konkret! Dass wir uns für die Menschen einsetzen, die uns anvertraut sind, Kinder, Schüler, Nachbarn, Kranke. Dass wir friedliche Lösungen für Konflikte suchen. Mit dem Abschied von der Kernenergie ist in unserm Land eine Wende zu einem nachhaltigen Leben und Wirtschaften eingeläutet worden. Wir sollen Verantwortung dafür übernehmen, die Wende voranzutreiben.  

Wenn es darum geht, dass wir uns neu auf die Welt einlassen, was heißt das nun, wenn es in der Familie Spannungen gibt, was bedeutet das, wenn uns Krankheit lähmt oder eine tiefe Enttäuschung? Was bedeutet das in dem Zusammenleben in der Schule, in einem Betrieb, in unserem Land? Was heißt das, wenn die weltweiten Systeme brüchig werden?

Das heißt nicht, dass wir fertige Lösungen haben. Christen können und müssen sich darüber auseinandersetzen, ob und inwieweit es eine Selektion von befruchteten menschlichen Eizellen geben darf, ob es angesichts von hoher Verschuldung richtig ist, Steuern zu senken oder nicht. Christen sind nicht fertig mit Krankheit, Tod, mit Trauer und zerbrochenen Beziehungen.

Es heißt: Ihr sollt damit leben, dass die Wirklichkeit komplex ist und es nicht immer klar vorgezeichnete Wege gibt. Aber ihr müsst nicht darin versinken. Ihr könnt euch an das Ja Gottes halten. Und damit macht euch auf! Ich sollt neu sehen! Ihr könnt unabhängig bleiben! Ihr könnt – wie immer ihr die Erfolgsaussichten einschätzen mögt – gegen die Zerstörung Liebe setzen, ihr in Liebe entgegentreten – in einer tiefen Freiheit! Damit ändert sich die Welt!

Da geht es dann nicht allein darum, dass ich oder dass unsere Gruppe, unser Land Vorteile haben. Die anderen gehören doch zu uns! Da geht es nicht darum Recht zu behalten. Macht euch auf in dem Wissen, dass ihr fehlbar seid, ja schuldig werdet! Wir alle sind doch an der Klimabelastung beteiligt. Wir alle haben sind doch in vorgefertigten Meinungen gefangen. Wir wissen um unsere Schuld. Der Böse ist nicht nur der andere. Und wir können dazu stehen, weil uns in dem Reich Gottes vergeben wird.

Das Reich Gottes – es ist noch nicht unsere Wirklichkeit. Die Spannung zwischen dem Schon-jetzt und dem Noch-nicht muss bleiben. Wir können das Reich Gottes nicht heraufführen und es ist gewiss noch nicht da und auch nicht in den nächsten 50 Jahren zu erwarten.

Und wir sollen auch gar nicht auf eine fertige, sterile, heile Welt warten. Das Reich Gottes setzt uns in Bewegung, dass wir trösten und uns trösten lassen, dass wir versöhnen und uns annehmen lassen, dass wir teilen und teilhaben. Wir werden Krisen erleben, Angst – und wir dürfen doch darum ringen, dass wir in einem tiefen Vertrauen immer wieder unser Leben und unsere Welt annehmen. Dairn ist das Reich Gottes konkret da. Und es erfüllt unsere Welt und unser Leben, dass wir am Reich Gottes mitarbeiten dürfen – schon jetzt. Gott sei bei uns in unserem Leben, bei den anderen Menschen, in unserer Welt!

 

Amen

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